Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie
Zeitschrift für Theorie und Praxis der Kinder- und Jugendlichen-Psychoanalyse und der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie
Kleinkinder in Psychotherapie, Teil II
E-Journal (pdf)– Heft 161, 45. Jg., 1/2014
Inhalt
Vorwort
Hans Hopf
Anmerkung zum Thema »Kleinkinder in Psychotherapie«
Beitrag 1
Margaret Rustin / Louise Emanuel
Beobachtung, Reflexion und Containment: psychoanalytische Arbeit mit Müttern und Kindern unter fünf Jahren
Beitrag 2
Brigitte Kordts-Szustak
»Wenn ich fühle, geh’ ich unter«
Die transgenerationelle Weitergabe traumatischer Erfahrungen
Beitrag 3
Maria Knott
Frühe Mutter-Kind-Beziehungen
Säuglingsbeobachtung frühgeborener Babys auf einer neonatologischen Intensivstation
Beitrag 4
Monika Widera-Bernsen
Kann Iron Man lebendig werden?
Das Konzept des lebendigen Objekts in der Psychotherapie eines zu Behandlungsbeginn 12-jährigen Jungen mit autistischer Schale
Forum
Barbara von Kalckreuth / Christiane Wiesler
Überlegungen und Empfehlungen zur außerfamiliären Betreuung von Kindern unter drei Jahren
Buchbesprechungen
Die Autorinnen und Autoren des Heftes
Ankündigungen
Brigitte Kordts-Szustak
»Wenn ich fühle, geh’ ich unter«
Die transgenerationelle Weitergabe traumatischer Erfahrungen
Das Thema der hier vorgestellten Behandlung ist die transgenerationelle Weitergabe des Traumas beider Eltern in Form massiver Projektionen in die Tochter. Die nicht verarbeitete körperliche Beeinträchtigung beider Eltern wurde projektiv in der Patientin untergebracht, die gleichsam auch »behindert« wurde und dies durch eine ganze Reihe von Symptomen (Enkopresis, Enuresis, elektiver Mutismus, Trennungsangst) ausdrückte. In der Behandlung (180 Stunden bei einer Frequenz von zwei Wochenstunden) musste zunächst mit Hilfe des Dritten ein Raum zwischen Mutter und Kind entstehen, bevor die Patientin den therapeutischen Rahmen für sich besetzen und nutzen konnte. Dadurch wurde erst die Entwicklung von Symbolisierungsfähigkeit und Mentalisierungsfunktion möglich. Technisch wurde gleichsam an der Quelle der Neurose gearbeitet, also korrigierend eingegriffen, bevor wie bei den Eltern eine Chronifizierung der Erkrankung eintrat. Ein kindlich egozentrisches Weltbild verschränkte sich mit einer schuldhaften, die Entwicklung der Patientin blockierenden Verarbeitung der elterlichen Behinderung. Erst durch einen langen therapeutischen Prozess konnte die Patientin eine eigene Identität und Autonomie entwickeln.
Schlüsselwörter: Enkopresis, Kinderpsychotherapie, Projektion, transgenerationelle Weitergabe, traumatische Neurose, Trennungsangst.
Maria Knott
Frühe Mutter-Kind-Beziehungen
Säuglingsbeobachtung frühgeborener Babys auf einer neonatologischen Intensivstation
Ob wir als Psychoanalytiker mit Kindern, mit Erwachsenen oder im Bereich der Mutter-Säugling-Therapie arbeiten, uns begegnen immer wieder kleine Patienten, die zu früh auf die Welt gekommen sind, oder Eltern, die von dieser Situation betroffen sind. Es ist nicht einfach, die Bedeutung dieser dramatischen ersten Lebenserfahrungen einzuschätzen und sich ein inneres Bild dieser Erfahrungen zu schaffen.
Die Babybeobachtung nach Esther Bick hat sich als gute Möglichkeit erwiesen, das Vorstellungs- und Einfühlungsvermögen in die innere Welt von Babys und deren Eltern zu erweitern. Nach Esther Bicks Methode habe ich Babys über mehrere Wochen auf der Intensivstation begleitet und so versucht, mich dem Verständnis dieser frühen Lebensumstände anzunähern. In diesem Aufsatz berichte ich von meinen Erfahrungen mit der Beobachtung vier sehr früh geborener Babys. Mich beeindruckten die Individualität der Babys, die Unterschiedlichkeit der Mutter-Kind-Beziehungen und die starke Übertragung, die die Mütter auf die Beobachterin entwickelten.
Ich schließe den Aufsatz mit einer Vignette aus einer Mutter-Säugling-Therapie.
Schlüsselwörter: Säuglingsbeobachtung nach Esther Bick, Frühgeborene, Säugling-Eltern-Psychotherapie.
Monika Widera-Bernsen
Kann Iron Man lebendig werden?
Das Konzept des lebendigen Objekts in der Psychotherapie eines zu Behandlungsbeginn 12-jährigen Jungen mit autistischer Schale
Autistische Phänomene: Eine Ergänzungsreihe zwischen psychiatrischen und psychoanalytischen Konzepten?
Autismus wird mittlerweile als komplexe Erkrankung angesehen, der man sich nicht nur unter psychiatrischen und neurobiologischen Aspekten nähern kann. Durch das Einbeziehen von Ergebnissen der Säuglingsforschung, der Erforschung des intrauterinen Lebens, insbesondere aber durch die von den verschiedenen Vertretern der psychoanalytischen Objektbeziehungstheorie entwickelten Konzepte sind Wege eröffnet worden, sich der inneren Welt des Autismus in seinen vielfältigen Varianten verstehend anzunähern.
In der psychiatrischen Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV gelten autistische Störungen als tiefgreifende Entwicklungsstörungen (American Psychiatric Association, 1994; World Health Organisation, 1992). Man unterscheidet frühkindlichen Autismus, das Asperger-Syndrom und den Atypischen Autismus, die als Autismus-Spektrum-Störungen zusammengefasst werden. Als zentrale Kriterien gelten »die qualitative Einschränkung der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie das stereotype und repetitive Verhalten« (Freitag, 2008, S. 19).
Schlüsselwörter: Autismus, analytische Psychotherapie.