
Volker Münch
Angriffe auf die Seele
Psychotherapie und gesellschaftlich-kultureller Wandel
1. Auflage 2021
184 S., Paperback Großoktav (24 x 17 cm)
ISBN 978-3-95558-310-1
Angriffe auf die Seele beschäftigt sich kritisch mit der fortschreitenden Digitalisierung und Ökonomisierung im Gesundheitswesen, speziell im Bereich der Psychotherapie. Vom veränderten Selbst- und Weltbild der Patient*innen bis zur überbordenden Bürokratisierung des Praxisablaufs, von der Hybris des menschlichen Kontroll- und Überwachungsbedürfnisses bis hin zu den enttäuschten Bindungsbedürfnissen von schwer kranken Psychotherapiepatient*innen, vom Sinn digitaler Gesundheits-Apps und von Honorarabzügen bei Verweigerung gegen den Anschluss an die Technik soll die Rede sein.
Münch stellt die Frage, was dennoch Hoffnung machen kann, und auch, was noch getan werden muss, um den Prozess der Angriffe auf die Seele kritisch zu begleiten und zu kommentieren und wichtige alternative Einsichten zugänglich zu machen. Letztlich steht die Identität der Profession psychodynamisch-psychoanalytischer Psychotherapeut*innen in Frage, wenn sie nicht der gesellschaftskritischen Potenz ihrer Einsichten wieder eine vernehmbarere Stimme verleihen.
1. BEFUND, ANAMNESE
Die gesellschaftliche Dimension psychotherapeutischer Arbeit
Entfremdung und Beschleunigung
Tiefenpsychologische und humanistische Werte
Kritik ist berechtigt
Die Therapeut*in-Patient*in-Beziehung
Wieso »Angriffe auf die Seele«?
Psychodynamiker*innen und das Gesundheitssystem
Gibt es ein Leiden am digitalen Wandel?
Die Ökonomisierung und Digitalisierung von seelischen Störungen
Corona und die Folgen – die aktuelle Praxissituation
Digitale »Versorgung«
Persönliche Betroffenheit
Seele und Technik
Psychotherapeut*innen unter Druck
Unterschiedliche Zielvorstellungen
Teilhabe am System
Psychoanalyse und Quantifizierbarkeit
Beziehungsmedizin
Therapie von Liebeskummer?
Diagnostik ist Prozessgeschehen
Der Einzelne und die Gesellschaft
Wir sind das System
Intersubjektive Wende
Integration des Schattens und Gesellschaft
2. DIAGNOSE, PSYCHODYNAMIK
Tiefenpsychologische Therapiekonzepte und ökonomisierte Welt
Diskriminierungen und Arbeitsdruck
Seele braucht Zeit
Zyklisch statt linear
Noch mehr Ungleichheit: die privaten Versicherungen
Eingriffe der Kassen
Die neue Sprache und das neue Denken über die Seele
Psyche oder Seele
Paradoxie des Unbewussten
Digitalismus und die schleichende Gewöhnung
Die Sprache des Mythos: Amor und Psyche
Warum es digital nicht funktionieren kann
Erfahrungen aus der Berufspolitik
Apps und Co
Die Player stellen sich neu auf
Psychotherapeutische Diagnosestellung
Selftracking und Selbstenthüllung
Narzissmus statt Innenleben
Big Data und Datenschutz und weitere Probleme
Die Magie der Zahlen und der Wert des Vertrauens
Kein Vergessen und Verdrängen
Resonanz, Dialogik, Kommunikation
Wiederholungszwang
Widerständigkeit als Entwicklungschance
Die angeborene Psyche – Biologistische Modelle und die Folgen
Die Symbolik der Digitalität
Nicht trianguliert
Pensée opératoire
Anthropomorphismus
3. ÄTIOLOGIE, DEUTUNG
Bindung und Beziehung
Die Ethik der Behandlung
Fernbehandlung
Die Übertragungsbeziehung
Die Abschaffung des Unbewussten
Gefühle und Denken
Infantilisierung
Was ist heilsam?
Positive Zeichen: Die zunehmende Bedeutung der Gruppenpsychotherapie
Die Fähigkeit, allein sein zu können
Um den Schlaf gebracht
Schmerz
Verhinderung persönlicher Bindung
Das Unverfügbare
Kontrolle auf allen Ebenen
Bewertungsmanie
Zweifelhafter Fortschritt
Falsche Fragen – falsche Antworten
Menschlicher Blick vs. Perspektive der Daten
Nichts ist gewonnen
4. BEHANDLUNGSZIELE, PROGNOSE
Die Reform der Ausbildung der Psychotherapeut*innen – eine Chance!?
Der Umbau der Institute
Die Jungen sind Frauen
Die drohende Einheitspsychotherapie
Die Attraktion der Verhaltenstherapie
Psychoanalytische Zurückhaltung
Neue Kontakte zu den Universitäten
Was können psychodynamisch denkende und arbeitende Psychotherapeut*innen tun?
Sich an Debatten beteiligen
Mehr Zeit für Patient*innen
Probleme sind Lösungen
Die Rolle der Psychotherapeut*innen
Nur scheinbar paradox: Es fehlt die analytisch-tiefenpsychologische App!
Wie weiter?
Psychotherapeut*innen for Future
Corona und Videosprechstunden
Digitale Anamnese
Kampf um die Freiberuflichkeit
Orwell oder nicht?
Epilog
Literatur
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Volker Münch, Dipl.-Psych., Psychoanalytiker (DGPT, DGAP, D3G), eigene Praxis für Einzel- und Gruppentherapie in München. Lehranalytiker und Supervisor, Dozent, Autor von Krise in der Lebensmitte und Die therapeutische Haltung. Schwerpunkte: Archetypische Psychologie, Intersubjektivität, Kultur und Gesellschaft. |
»Das Buch gibt einen guten Ausblick auf die aktuell wichtigen, die Psychotherapie betreffenden gesellschaftlichen Veränderungen und zeigt Bedrohungen auf. Es ist Volker Münch ein Anliegen, dass wir Psychotherapeut*innen uns intensiv mit diesen Themen auseinandersetzen, um drohende Gefahren für unseren Berufsstand abzuwehren. (…) Er hofft auf viele angehende Psychotherapeut*innen, die sich berufspolitsch engagieren. Wir alle seien gefragt: ›Überzeugen wir die Player des Gesundheitssystems. Zeigen wir uns mit unserem Wissen.‹«
(Bettina van Ackern, Psychotherapie in Politik und Praxis)
»Sehr differenziert zeigt Münch auf, in welche Bereiche der Kommunikation und damit auch Beziehungsgestaltung die Digitalisierung tiefgreifend einwirkt und regt eine Bewusstmachung dieser Prozesses ebenso wie einen kritischen Blick darauf an. (…) Er resümiert, dass letztendlich die Identität der Profession psychodynamisch-psychoanalytischer Psychotherapeut*innen in Frage stehe, wenn sie nicht der gesellschaftskritischen Potenz ihrer Einsichten wieder eine vernehmbare Stimme verleihen.«
(Nicola Blum, Ärztliche Psychotherapie)
»Münch reflektiert (…) auch die Chancen der Reform der Aus- und Weiterbildung von Psychotherapeuten und wagt trotz allem einen konstruktiven Ausblick. Eine Frage sei, ob Digitalisierung als zum Selbstzweck gewordene Technik in der therapeutischen Praxis, wo es um menschliche Beziehung geht, begrenzt werden kann. Zu dieser Reflexion hat Münch einen zeitgemäßen Beitrag für niedergelassene Psychotherapeuten aller Richtungen geleistet.«
(Martin Schimkus, Deutsches Ärtzeblatt PP)
»Der überaus erfahrene Psychoanalytiker Volker Münch findet eine zunehmend überbordende Bürokratisierung, Digitalisierung und Ökonomisierung im Arbeits- und Gesundheitswesen, zunehmende Bindungsmängel durch Überkontroll-Mechanismen, die bis zu schwer kranken Psychotherapie-PatientInnen führen. (…) So kommt Münch nach gründlicher Analyse zur Erkenntnis, dass für die PsychotherapeutInnen in Zukunft eine tiefenpsychologische App, Videoprechstunden und digitale Anamnesen unumgänglich sind – und der Kampf um die Freiberuflichkeit und Kulturbewusstheit (…) weitergehen wird.«
(Marga und Walter Prankl, kultur-punkt.ch)