 
					
							
	Analytische Psychologie
	Zeitschrift für Psychotherapie und Psychoanalyse
	Wendepunkt. Krieg in Europa
	Turning point. War in Europe
	
	
	Inhalt
	
	Dieter Treu
	Editorial
	
	Dikussionsforum
	Krieg in Europa
	
	Eva Pattis Zoja
	Expressive Sandarbeit im Donbass-Gebiet
	Oder: »Wir befürchten, dass ihr uns nicht glaubt ...«
	   
	Jörg Rasche
	Wendezeit, Kiew, Ich und das Selbst
	
	Kristina Schellinski
	Hoffnung in der Krise
	Innere Einstellung, Einsicht, Erkenntnis: Überlegungen zur Hoffnung und zum Selbst
	
	Volker Münch
	Die ewige Wiederkehr
	Gedanken zur Gegenwart des Bösen
	
	Stefan Wolf
	Wie sich besinnen?
	
	Antonio de Rienzo
	Der Tag, an dem die Uhr stehenblieb
	Primitive Zustände von Nicht-Integration, multidimensionales
	Durcharbeiten und die Geburt des analytischen Subjekts
	
	Susanna Wright
	Analytische Einstellung – Fokus oder Verkörperlichung?
	Subtile Mitteilungen in der Beziehung von Übertragung und Gegenübertragung
	
	Fulvio Marchese, Marco Matranga, Epifania Saputo, Daniele La Barbera und Rosario Puglisi
	Psychose, Symbol, Affektivität (Teil 1)
	Ätiopathogenese und Behandlung im Rahmen der Analytischen Psychologie
	
	Stephan Alder
	Analytische Gruppentherapie mit jungianischen Bezügen
	
	Denkbild
	Isabelle Meier
	Von Dornen, Kronen und Mandalas
	
	Eva Pattis Zoja
	Die Aktualität des Werkes von Jean-Michel Basquiat
	
	Elisabeth Grözinger
	Zum Archetypischen im priesterlichen Handeln
	Überlegungen zur Praxis in einem Spannungsfeld
	
	Ursula Brasch
	Das Geheimnis der Goldenen Blüte – eine daoistische Anschauung von der Seele
	Eine kritische Auseinandersetzung mit C. G. Jungs Kommentar zur Goldenen Blüte und der Problematik der Textübersetzung aus dem klassischen Chinesisch
	
	Interview
	Verborgene Schätze: Jungianische Reihe bei Kohlhammer
	Ralf T. Vogel im Gespräch mit Isabelle Meier
	
	Buchbesprechungen
	
	Vorschau
	
	Förderpreis der Zeitschrift Analytische Psychologie
	
	Call for Papers: Forschungswerkstatt Spiritualität in der Psychotherapie
	
	Richtlinien für Autorinnen und Autoren
Der Tag, an dem die Uhr stehenblieb
Primitive Zustände von Nicht-Integration, multidimensionales Durcharbeiten und die Geburt des analytischen Subjekts
Zusammenfassung: Dieser Beitrag basiert auf einem besonderen Gedanken und einer klinischen Erfahrung, die mir half, mein analytisches Verständnis zu erweitern.
Wie bereits mehrere Autoren zeigten, ist die somatische Gegenübertragung des Analytikers ein wertvoller Indikator für eine tiefliegende, dissoziierte Art von Kommunikation, wenn das analytische Feld mit primitiven und nicht integrierten mentalen Inhalten gesättigt ist. Der vorliegende Text beschreibt die komplexe, facettenreiche Gegenübertragung, die in den frühen Stadien der Analyse einer sensiblen Patientin stattfand: Die Patientin kommunizierte meist in einer äußerst dissoziierten Art und Weise, in die ich mich nur schwer einfühlen konnte. Diese Erfahrung brachte mich auf die Idee, dass das Übertragungsfeld möglicherweise aus unterschiedlichen Schichten (psychoid, affektiv, verbal) besteht, wobei jede Schicht potenziell dissoziierte, sogar gegensätzliche Informationen vermitteln kann. Daraus folgt, dass der Analytiker bereit sein sollte, gleichzeitig gegensätzliche Empfindungen, Gefühle und Gedanken aufzunehmen, da sie die Grundbestandteile einer komplexen Reverie sein können. Der Analytiker könnte sich mit seiner eigenen inneren, nicht aufgearbeiteten Vielfalt an Themen konfrontiert sehen, bevor ein symbolisches Bild auftaucht und die verstreuten Erfahrungsteile verbindet. Das Hauptanliegen dieses Beitrages besteht darin, das komplexe Durcharbeiten darzustellen, das zu einer neuen, stärker auf menschliche Beziehungen ausgerichteten Perspektive führte: zur Fähigkeit des Zusammenseins im Hier und Jetzt, in einem Übergangsraum, wo es weder völlige Trennung noch Verschmelzung gibt.
Schlüsselwörter: verschiedene Schichten des Übertragungsfelds, dissoziierte Kommunikation, kontrastierende Empfindungen, Gefühle und Gedanken, komplexe Reverie, Zusammensein im Hier und Jetzt, Übergangsraum
Susanna Wright
Analytische Einstellung – Fokus oder Verkörperlichung?
Subtile Mitteilungen in der Beziehung von Übertragung und Gegenübertragung
Zusammenfassung: Der Beitrag handelt von einem Widerfahrnis, das sich zu einem Zeitpunkt ereignete, als der Fokus der Arbeit zu stark auf der bewussten Ebene lag und damit von den verkörperlichten und viszeralen Tiefen des Patienten abgelöst war. Eine streng beibehaltene fokussierte Aufmerksamkeit wird als mögliche Abwehr gegen verkörperlichte Erfahrungen der Überforderung und Verletzbarkeit betrachtet, die dunkle Bereiche heimsuchen, die vom schmalen Lichtstrahl der bewussten Wahrnehmung nicht beleuchtet werden. Etwa so, wie ein Traum aus dem Unbewussten hereindriftet, holte ein Enactment der Analytikerin vernachlässigte Aspekte der Beziehung von Übertragung und Gegenübertragung in den Raum. Später bot das Traumbewusstsein des Patienten eigene Bilder an, die eine zugrundeliegende Dynamik nahelegten.
Diese subtilen Mitteilungen, gemeinsam mit der Einstellung des Patienten gegenüber dem Lapsus der Analytikerin, werden als Faktoren verstanden, eine stärkere verkörperlichte Integration zu erreichen. Die Schwierigkeit der Analytikerin, derartige Ereignisse auszuformulieren, wird ebenso diskutiert wie die Notwendigkeit, solche Widerfahrnisse lange Zeit im Auge zu behalten, bevor eine Erklärung skizziert werden kann.
Schlüsselwörter: fokussierte Aufmerksamkeit, globale Aufmerksamkeit, Enactment, Gegenübertragung, Reverie, Übertragung, Verkörperung
Fulvio Marchese, Marco Matranga, Epifania Saputo, Daniele La Barbera und Rosario Puglisi
Psychose, Symbol, Affektivität 1:
Ätiopathogenese und Behandlung im Rahmen der Analytischen Psychologie
Zusammenfassung: Dies ist der erste von zwei Beiträgen über eine Studie zu einem integrierten Behandlungsansatz für psychotische Störungen, welche an der Poliklinik für Psychiatrie der Universität Palermo über einen Zeitraum von ungefähr 15 Jahren durchgeführt wurde. In diesem Artikel erkunden und reflektieren wir akute psychotische Zustände hauptsächlich aus theoretischer und konzeptioneller Sicht, während wir uns im zweiten Artikel auf die klinische Perspektive konzentrieren. Unter psychopathologischen Gesichtspunkten und im Lichte von C. G. Jungs Modellvorstellungen der Analytischen Psychologie sowie unter Einbeziehung von Beiträgen anderer Autoren aus dem systemisch-relationalen und post-psychoanalytischen Bereich werden wir die in den letzten Jahren von unserem Team entwickelten Ideen erläutern. Aus einer eher spekulativen Perspektive werden wir neue Interpretationshypothesen anbieten in dem Versuch, das Wesen der psychotischen Verfassung gründlicher zu verstehen – sowohl auf psychodynamisch-relationaler als auch auf neurowissenschaftlicher Ebene. Der Beitrag beschreibt, wie wir unser Verständnis der Psychose von einer Erkrankung des Gehirns zu einem Prozess der Neuordnung der psychischen Funktionen revidiert haben, wie es John Weir Perry vor fast 40 Jahren vorausgesehen hat.
Schlüsselwörter: Affektive Neurowissenschaft, Affektivität in Psychosen, Analytische Psychologie, J. W. Perry, psychotische Symbolik, Behandlung von Psychosen
Stephan Alder
Analytische Gruppenpsychotherapie mit jungianischen Bezügen
Zusammenfassung: Die Theorie und Praxis der psychodynamischen, in Deutschland verstanden als tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Gruppenpsychotherapie, gewinnen an Bedeutung. Historisch wichtige Entwicklungsschritte der analytischen Gruppenpsychotherapie (Group Analysis), die mit jungianischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Verbindung stehen, werden gewürdigt. Namentlich seien Eve Lewis, Robert F. Hobson, Edward C. Whitmont, William Willeford und H. Irene Champernowne genannt. Besondere Aufmerksamkeit bekommt der Aufsatz von S. H. Foulkes und E. Lewis von 1945 über eine gemeinsame und erste gruppenanalytische Arbeit mit je zwei ambulanten und zwei stationären Patientengruppen. Es schließen sich Ausführungen zu Theorien der analytischen Psychologie an, die die analytische Arbeit mit Patientinnen und Patienten in Gruppen verstehen helfen. Dabei fokussiert die Arbeit auf Zugänge zum Einzelnen sowie auf gruppale Begegnungen in einem intersubjektiven Feld. Eine Übersicht zu therapeutischen Zugängen und Interventionen in Gruppentherapien werden diskutiert.
Schlüsselwörter: Gruppenanalyse, analytische Psychologie, Intersubjektivität, Interventionen, Gruppenpsychotherapie
Eva Pattis Zoja
Die Aktualität des Werkes von Jean-Michel Basquiat
Zusammenfassung: Basquiats Werk wird vom Gesichtspunkt der Analytischen Psychologie aus und insbesondere vor dem Hintergrund von Jungs Aufsatz (1922) über das dichterische Kunstwerk beleuchtet. Es werden persönliche und kollektive Aspekte der Arbeiten Basquiats herausgearbeitet und die Frage gestellt, ob der Marktwert in Millionenhöhe, den Basquiats Bilder heute erreichen, in Zusammenhang stehen könnte mit einer jahrhundertelang zurückliegenden und bis in die Gegenwart andauernden kollektiven Verdrängung.
Schlüsselwörter: Kunst, Kollektives Unbewusstes, Verdrängung, J .M. Basquiat
Elisabeth Grözinger
Zum Archetypischen im priesterlichen Handeln
Überlegungen zur Praxis in einem Spannungsfeld
Zusammenfassung: Auf dem Hintergrund der beruflichen Geschichte der Autorin und diese immer wieder einbringend, wird nach dem Archetypischen in der priesterlichen Profession gefragt. Nach einem Blick auf die Vielfalt priesterlicher Akteure in Geschichte und Gegenwart kommt die Praxis von Kultspezialisten als riskantes Handeln in der liminalen Zone zwischen Profan und Sakral in den Blick. Das priesterliche Tun wird zur Heldenreise in Bezug gesetzt und damit nicht mehr exklusiv verstanden. Es wird vielmehr als archetypische Aufgabe aufgefasst, die sich in existentiellen Situationen jedem Menschen als Entwicklungsrisiko und -chance stellt.
Schlüsselwörter: Archetyp, Priester, Held, Liminalität, Ich-Inflation, Individuationsprozess
Ursula Brasch
Das Geheimnis der Goldenen Blüte – eine daoistische Anschauung von der Seele
Eine kritische Auseinandersetzung mit C. G. Jungs Kommentar zur Goldenen Blüte und der Problematik der Textübersetzung aus dem klassischen Chinesisch
Zusammenfassung: »Das Geheimnis der Goldene Blüte« ist einer der bekanntesten Texte aus der klassischen chinesischen, daoistischen Alchemie und Meditationspraxis. Vermutlich aus dem 17. Jh. stammend, befasst er sich mit der Technik des »Licht Umdrehens«, mit dem »Himmlischen Herzen« und der Erlangung des »Großen Dao«. In einer der bekanntesten Übersetzungen verband der Sinologe Richard Wilhelm den Text mit der Psychologie C. G. Jungs, besonders mit dem Konzept von Animus und Anima. Jung selber fand darin eine Bestätigung seiner Auffassung des »kollektiven Unbewussten«. Wilhelms Übersetzung aus dem chinesischen Originaltext und Jungs Rezeption, vor allem das Anima-Animus-Konzept, werden kritisch diskutiert.
Schlüsselwörter: Alchemie, Dao, Seele, Herzenskraft, himmlisches Yang, erdhaftes Yin, Lebenskraft, Richard Wilhelm, Animus und Anima
 
			