Gerhard Bökel
Bordeaux und die Aquitaine im Zweiten Weltkrieg
Nazi-Besatzung und Kollaboration, Widerstand der Résistance und bundesdeutsche Nachkriegskarrieren
2. Auflage 2024
248 S., Paperback DIN A5
ISBN 978-3-95558-328-6
Bei den deutschen Besatzern war für die Deportation der Juden, die Verfolgung der Résistance und damit verbundene Geiselerschießungen der für den Kriegseinsatz freigestellte Frankfurter Richter Hans Luther als Polizeikommissar verantwortlich.
Dies und andere Kriegsereignisse schildert Gerhard Bökel mit zahlreichen, bisher noch nicht veröffentlichten Dokumenten.
Anschaulich beschreibt er das vielfältige Lagersystem auf französischem Boden mit Internierungslagern, Arbeitslagern und Lagern für Kriegsgefangene, darunter viele Muslime. Bei der Darstellung der Résistance konnte er auf persönliche Berichte von Widerstandskämpfern und von letzten Zeitzeugen zurückgreifen, so auf den der fast einhundertjährigen Renée Lacoude.
Kapitel 1
VOM EINMARSCH DER NAZIS BIS ZUR BEFREIUNG: BORDEAUX UND DIE AQUITAINE 1940 bis 1944
Provisorische Hauptstadt
Einmarsch und Empfang der Deutschen
Adrien Marquet: Bürgermeister, Abgeordneter und Kollaborateur
In Treue zu Pétain: Der Präfekt François Pierre-Alype
Maurice Sabatier und sein Vertrauter Maurice Papon
Vom Truppengeneral zum Chef des Verwaltungsbezirks: Moritz von Faber du Faur
Die Wehrmacht im Südwesten
Die deutsche Militärverwaltung in der Aquitaine
Der Frankfurter Richter Hans Luther als Kommandeur
des Repressionsapparats
Der Alltag in Bordeaux unter deutscher Besatzung
Hitlers Größenwahn: Der Atlantikwall mit seinen
Befestigungsanlagen in der Aquitaine
Die gnadenlose Verfolgung der Juden
Die Résistance in der Aquitaine und ihre Bekämpfung
Rückzug der Nazis – Bordeaux wird befreit
Kapitel 2
NACH DEM KRIEG: PROZESSE – KARRIEREN – VERGESSEN
Adrien Marquet: Karriere immer im Blick
Moritz von Faber du Faur: »Meine Lebensarbeit hat mit einer Farce geendet«
Maurice Sabatier und Maurice Papon: Ermittlungen und Anklage dank Beate und Serge Klarsfeld
Hans Luther – Friedrich Dohse – Anton Enzelsberger: Unter Anrechnung der Untersuchungshaft nach der Verurteilung freigelassen
Walter Nährich: In Frankreich Todesurteil in Abwesenheit, in Deutschland Einstellung des Verfahrens
Heinz Stahlschmidt (Henri Salmide): In Bordeaux ein Held, für das Nachkriegsdeutschland ein Deserteur
Kapitel 3
DAS LAGERSYSTEM ALS REPRESSIONSINSTRUMENT DER DRITTEN REPUBLIK UND WÄHREND DES ZWEITEN WELTKRIEGS
Frankreich als Zufluchtsort
Von provisorischen Lagern an der Küste bis zu ersten Internierungslagern
Zwangsarbeitsgruppen für ausländische Arbeiter
Frankreich 1940: Von der Dritten Republik zum Vichy–Regime
Internierung »gefährlicher« Franzosen
Die Lager der Organisation Todt
Das camp Mérignac und das Symbol des Nazi–Terrors in der Aquitaine
Frontstammlager für die Kriegsgefangenen der deutschen Besatzer
Kapitel 4
DIE SYNAGOGE VON BORDEAUX UND DER GEISTERZUG NACH DACHAU
Güter- und Viehwaggons für 700 Widerstandskämpfer
Eingesperrt in der Synagoge
Gewaltmarsch durch die Weinfelder von Châteauneuf-du-Pape
Geflüchtet: »Der Zug fuhr mit einem Höllenlärm über mich hinweg«
Nach wochenlanger Odyssee durch Kampfgebiete: Ankunft im KZ Dachau
Kapitel 5
DIE NAZIS UND DIE MUSLIME – EIN AMBIVALENTES VERHÄLTNIS
Die Instrumentalisierung des Islam
»Der Mohammedismus könnte mich noch im Himmel begeistern«
Kapitel 6
INDIGÈNES IN DER FRANZÖSISCHEN ARMEE UND ALS KRIEGSGEFANGENE DER DEUTSCHEN
Mobilisierung in Nordafrika
Die Stammlager im Militärverwaltungsbezirk Bordeaux
Religionsausübung der Kriegsgefangenen indigènes
Kapitel 7
DAS DOPPELLEBEN DES ABDELKADER MESLI ALS IMAM UND WIDERSTANDSKÄMPFER
Vom Hafenarbeiter und Bergmann zum Imam in Paris – Abordnung nach Bordeaux
Betreuung der muslimischen Brüder in den Lagern der Organisation Todt
Verhaftung und Deportation nach Dachau
Kapitel 8
RENÉE LACOUDE: »ICH BEREUE NICHTS«
Im Widerstand in Bordeaux
Von der Gestapo festgenommen und mit dem Geisterzug nach Dachau
Ein weiterer Transport: In das KZ Ravensbrück
Rückkehr nach Frankreich: »Sie haben uns nicht geglaubt«
Noch einmal zurück nach Dachau
Kapitel 9
DER SS-POLIZEICHEF HANS LUTHER UND DER KRIEGSRICHTER ERICH SCHWINGE – ZWEI HOCHGEACHTETE HESSISCHE JURISTEN
Hans Luther: Richter in Frankfurt und Polizeikommandeur in Bordeaux
Anklage wegen Geiselerschießungen und Deportationen
Rückkehr nach Deutschland und Richter in Limburg an der Lahn
Doktorarbeit bei Professor Schwinge zum Widerstand in Frankreich
Erich Schwinge: Militärrechtsexperte und gnadenloser Kriegsrichter
Verteidiger in französischen Kriegsverbrecherprozessen
Dekan der juristischen Fakultät und Rektor der Philipps-Universität
Kritische Aufarbeitung in Marburg
Epilog
Anhang
Literatur
Dank
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Gerhard Bökel, geb. 1946; ab 1966 journalistische Tätigkeit, u. a. für die Frankfurter Rundschau, und Studium in Gießen. 1975 Gründung einer Anwaltskanzlei. Von 1978 bis 2008 politisch aktiv als Landtagsabgeordneter, Landrat und Staatsminister in Hessen. Danach Studienaufenthalte in Avignon und Publikationen zu Frankreich während der Nazi-Besatzung. Bei Brandes & Apsel erschienen: Der Geisterzug, die Nazis und die Résistance. Zeitzeugenberichte und historische Dokumente während Besatzungszeit und Kollaboration in Südfrankreich (2017) sowie 2018 auf Französisch: Le train fantôme, les nazis et la Résistance. Témoignages et documents historiques à l’époque de l’occupation dans le sud de la France. |
»Ein äußerst detailreiches Buch, welches unter anderem aufgrund des Zeitzeugengesprächs mit der Widerstandskämpferin Renée Lacoude sehr lesenswert ist.«
(Kristin Braband, Politik & Kultur)