Thomas von Freyberg
Dein Reich komme!
Doch was bleibt, nachdem es ausblieb?
1. Auflage 2020
568 S., Paperback Großoktav (23,5 x 15,5 cm)
ISBN 978-3-95558-294-4
Thomas von Freyberg ist ein faszinierendes Spätwerk gelungen. In einem fulminanten Bogen untersucht er das jüdische und christliche Heilsversprechen bis in seine säkulären philosophischen Verästelungen in der Gegenwart. Er interpretiert dabei einen Jahrtausende alten theologischen und philosophischen Diskurs, der gerade heute unter der Bedingung globaler Krisen in unserer Kultur und Gesellschaft neue Dringlichkeit gewonnen hat: die Utopie von einer gerechten Gesellschaft der Gleichen und Freien.
Diese Utopie von einer gerechten Gesellschaft der Gleichen und Freien tauchte bei den Propheten Israels im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. auf und erklärte dort die drohende Katastrophe der beiden Königreiche Israel und Juda als Gericht Gottes. Im babylonischen Exil wurde diese Utopie zur großen Verheißung des alleinigen und einzigen Gottes der Welt für Israel und alle Völker. Festgehalten in der Heiligen Schrift lebte die große Verheißung weiter. Als Hoffnung, Sehnsucht und Bitte: Dein Reich komme! Und als Verzweiflung, Elend und Stachel: Was bleibt, nachdem es ausblieb? Es ist vor allem diese Frage, die die Arbeit Freybergs weit über die ursprünglich konzipierten Grenzen hinaustrieb: über Luther zu den großen Aufklärern Spinoza, Lessing und Kant und schließlich zur Dialektik der Aufklärung Adornos und Horkheimers bis in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts.
Teil I
Das sei ferne von dir!
Ein alter Theologe und Atheist beim Aufräumen
Vorbemerkungen
1. Zur Geschichte Israels und der Bibel (TeNaK)
1.1 Wie die Bibel sich sieht und versteht
1.2 Abraham – Isaak – Jakob und seine Söhne
1.3 Israel in Ägypten, Exodus und Wüstenwanderung
1.4 Landnahme und Eroberung Kanaans
1.5 Ein goldenes Zeitalter? Königtum in Juda und Israel
1.6 Zwei ungleiche, feindliche Brüder (930–720)
1.7 Hiskia und Josia: eine theologische Reform?
1.8 ... oder nur ihr literarisches Vorbild?
1.9 Propheten: auf verlorenem Posten
2. Zur Theologie des Exils: Torarepublik oder Gottesstaat
2.1 Die theologische Erklärung der Katastrophe
2.2 Verheißung und Versprechen eines Neuanfangs
2.3 Die inklusive Gesellschaft von Freien und Gleichen ...
2.4 Himmel und Hölle – ganz irdisch und nah beieinander
2.5 Das doppelte Scheitern nach dem Exil
2.6 Torarepublik: ein letztes Mal und von oben
3. Die Krise der Theologie der Großen Erzählung
3.1 Das Elend der Welt
3.2 Ein Volkstrauerlied – Psalm 74
3.3 Anklage und Kündigung: Hiob
3.4 Alles ist eitel: Prediger
3.5 Eine kleine Utopie ganz ohne Theologie: Das Buch Jona
4. Antworten auf die Krise
4.1 Messianismus – Eschatologie – Apokalyptik
4.2 Auferstehung und ewiges Leben – Himmel und Hölle auf Erden
4.3 Oder: Anschluss an die Welt des Hellenismus
Nachbemerkungen
JHWH: eine erstaunliche Karriere
Teil II
... und was tust du für mich?
Ein alter Theologe und Atheist auf Spurensuche
Vorbemerkungen
5. Was verloren ging... (Spurensuche I)
5.1 ... was tust Du für mich?
5.2 ... kein Blickin den Sarg des unbekannten Vaters
5.3 ... der verweigerte Abschied
6. Was da weiterlebte... (Spurensuche II)
6.1 ... die Wette: kein Gebet mehr 1957
6.2 ... keine freie Wahl eines Freien ... 1960
6.3 ... ein Gottesurteil ...1960/1961
6.4 ... was du angefangen hast ...
6.5 ... was da blieb
Nachbemerkungen
Gnade vor Recht – noch einmal Hiob
Wer hat sich hier zu rechtfertigen?
Was heißt da noch »Glaube«?
Fromme Gottlosigkeit – gottlose Frömmigkeit?
Teil III
... von dort wird er kommen...
Was aber bleibt, wenn er ausbleibt?
Vorbemerkungen
7. Die »große« und die »kleine« Erzählung
7.1 Fingerübungen zum Neuen Testament
7.2 Geschichte vorwärts erzählt und rückwärts »begriffen«
7.3 Die »große Erzählung« in der »kleinen Erzählung«
8. Der historische Jesus von Nazareth
8.1 Die Leben-Jesu-Forschung
8.2 Die Logienquelle (Q)
8.3 Das weiße und das schwarze Erbe
9. Paulus – der Begründer des Christentums
9.1 Ein kleiner Überblick
9.2 Paulus – ein radikaler Messianist?
9.3 Der gewendete Pharisäer
9.4 Gande vor Recht – und ...
9.5 Gespaltene Utopie – jetzt und demnächst
9.6 Erzengel mit Posaune – und – dies irae
9.7 Noch einmal: Rechtfertigung Gottes
9.8 Auch wenn es schwerfällt ...
10. Die »kleinen Erzählungen« der Evangelien als Antworten auf das Scheitern der »großen Erzählung« der Schrift
10.1 Das Markus-Evangelium
10.2 Das Lukas-Evangelium
10.3 Das Matthäus-Evangelium
11. Apokalyptische Vorstellungen im frühen Christentum
11.1 Die kanonischen Briefe neben und nach Paulus
11.2 Die johanneischen Schriften
Nachbemerkungen
Das Böse ist immer und überall
Was also wäre da zu glauben? Und an wen?
Ein frommer Atheismus?
Teil IV
Ecclesia triumphans
Der Pakt mit der Macht oder Der Fürst dieser Welt
Vorbemerkungen
Der Berg der Versuchung und der Berg der Niederlage
Der Pakt mit der Macht
12. Der Untergang Roms und der Sieg des Christentums
12.1 Zur Krise des Römischen Reichs
12.2 Gegenbewegungen in der Krise (92–284)
12.3 Die Staatsreform und das neue Römische Reich
13. Der Fürst dieser Welt
13.1 Krise und Zusammenbruch: Gott und Welt
13.2 Luther – sein Gott und sein Satan
14. Sola scriptura – Allein die Heilige Schrift
14.1 Ein totalitärer Kampfbegriff
14.2 Gottes Wort in Menschenhand
Nachbemerkungen
Teil V
Reich Gottes fast irdisch und aufgeklärt
Vorbemerkungen
15. Allein die menschliche Vernunft – Baruch de Spinoza
15.1 Der Beginn der historischen Bibelkritik – ein Überblick
15.2 Noch einmal: Sünde wider den Heiligen Geist
15.3 Das natürliche Licht und das göttliche Gesetz
15.4 Jedem Mündigen seine Bibel
15.5 Jenseits der Grenzen des natürlichen Lichts
15.6 Erste Schritte einer Kritik der Religion
15.7 Zur Kritik der herrschenden Theologie
15.8 Der Gott der Republik
16. Nur betrogene Betrüger – Gotthold Ephraim Lessing
16.1 Engelsglaube – Wunderglaube – Gottesdienste: der süße Wahn
16.2 Caritas oder: »der gutherzige Wahn«
16.3 Das Bündnis der Religion mit der Macht
16.4 Das Bündnis der Macht mit der Religion
16.5 Die fromme Raserei
16.6 Zwischenbemerkung zur Ringparabel
16.7 Die Frage der Ringparabel
16.8 und Lessings Antworten
17. Noch einmal: Reich Gottes auf Erden – Immanuel Kant
17.1 Aufklärung als Emmanzipation der Sittlichkeit
17.2 Die Religion innerhalb der Grenzen ...
17.3 Der Kategorische Imperativ
17.4 Ein letzter »Gottesbeweis«?
17.5 Moralische Pflicht – und – Glückseligkeit
17.6 Die Alternative: Reich Gottes ...
17.7 Die Nöte der zwei Umwälzungen
17.8 Afterglaube und Pfaffentum
18. Ein aufgeklärter Gott?
18.1 Die Gebote der Liebe und der Macht
18.2 Warum und wozu Religion und Theologie
Nachbemerkungen
Theologie ohne Gott und ohne Satan?
Teil VI
Kein Sinn, nirgends
oder: die verratene Utopie
Vorbemerkungen
19. Zur Dialektik der Aufklärung (1944 / 1947)
19.1 Die finstere Seite der Aufklärung
19.2 Die gespaltene Vernunft
19.3 Zur Dialektik von Mitleid und Liebe
20. Was bleibt: Zur negativen Dialektik Adornos (1966)
20.1 Zur Demontage der philosophischen Systeme
20.2 Kein freier Wille in unfreier Gesellschaft
20.3 Keine moralische Gewissheit
20.4 Utopie ohne Hoffnung?
20.5 Kritische Theorie und empirische Sozialforschung
20.6 Flaschenpost – Adresse unbekannt
21. Zum Schluss: eine moderne, gottlose Religion?
21.1 Gesellschaft ohne Religion?
21.2 Eine neue dämonische Religion?
Nachbemerkungen
Zur Aktualität Schopenhauers
Pessimismus heute
Schlussbemerkungen am Ende einer langen Reise
Nachklang – Deutungen und Erwiderungen
1. Peter Bartelheimer
2. Werner Bohleber
3. Klaus Roos
4. Michael Wolff
Literatur
Danksagung
![]() |
Thomas von Freyberg, Studium der evangelischen Theologie (1960 bis 1966); 1. theologisches Staatsexamen (1966); Rückkehr nach Frankfurt am Main; Kirchenaustritt; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung (1968 bis 2005); Dissertation (1977) und Habilitation (1982). Bei Brandes & Apsel: Störer und Gestörte, 2 Bände zusammen mit Angelika Wolff (2005 / 2006), Tantalos und Sisyphos in der Schule (2009) und Sperrgut – Zur Geschichte des Frankfurter Instituts für Sozialforschung zwischen 1969 und 1999 (2016). |
(Wolfgang Pauly, Publik Forum)
»Thomas von Freyberg hat ein großartiges Buch geschrieben. Sehr persönlich, sehr anregungsreich, gespickt mit wertvollen, oft sehr ausführlich präsentierten Zitaten und Quellen, dabei durchaus auch lustig und charmant (…). Man sollte sich die Zeit nehmen, dieses Buch mit Ruhe und Muße zu lesen.«
(Hermann-Josef Große Kracht, Ethik und Gesellschaft)
