
Rainer Tetzlaff
Der afrikanische Blick
Unerwartete Perspektiven der Integration
1. Auflage 2023
300 S., Paperback Großoktav (24 x 17 cm)
ISBN 978-3-95558-342-2
Das Buch ist eine Aufforderung an die Leser*innen, zunächst einmal zuzuhören, was Afrikaner*innen über die Gründe ihrer Flucht aus der afrikanischen Heimat zu sagen haben, was sie unterwegs erlebt haben und wie sie in Deutschland angekommen sind. Dabei werden vorzugsweise autobiografische Zeugnisse sowohl von Flüchtlingen als auch von afrikanischen Schriftsteller*innen und Publizist*innen präsentiert. Aus ihren persönlichen Erfahrungen, Hoffnungen, Enttäuschungen, aber auch Erfolgserlebnissen als Flüchtlinge und Migrant*innen können wir erahnen, wie sich die deutsche Gesellschaft verändern wird. Migration ist legitim und muss prinzipiell als existenzielle Anpassungsstrategie akzeptiert werden. Auch Deutschland befindet sich in einem Anpassungswandel – mit offenem Ergebnis.
1. Rassismus in Deutschland und das kulturelle Kapital von Flüchtlingen und Migrant*innen
1.1 Vom »Zuhören«, was Afrikaner*innen zu sagen haben
1.2 Was bedeutet »Afrika«? Gemeinsame Erfahrungen im postkolonialen Afrika
1.3 Zu den Begriffen »Rasse« und »Rassismus«
1.4 Rassismus-Erfahrungen von Afro-Deutschen – gestern und heute
1.5 Biografien erfolgreicher Immigrantinnen und ISD: Empowerment
2. Kultur und Kunst – Bausteine afrikanischer Identität
2.1 Der umstrittene Kulturbegriff: kultureller Habitus
2.2 Afrikanische Kultur und Kunst als Bestandteile afrikanischer Identität
3. Die »Flüchtlingskrise«, Fluchtursachen und die deutsche Politik
3.1 Die »Flüchtlingskrise von 2015«
3.2 Ängste vor Migrant*innen in Deutschland: Xenophobie
3.3 Pushfaktoren : Bad Governance als Hauptursache von Verzweiflungsmigration
3.4 Pullfaktoren der Migration – Mythos und Realität
3.5 Ungebremstes Bevölkerungswachstum – auch ein Motor der Migration
4. Migrant*innen aus muslimischen Herkunftsländern: der Islam als Integrationshemmnis?
4.1 »Islam« als Angstfaktor der Mehrheitsgesellschaft
4.2 Jugendliche aus Marokko ohne Orientierung: Der Freiburger Vergewaltigungsprozess und seine kulturellen Hintergründe
4.3 Kultureller Wandel in Marokko – Der »Aufstand der subversiven Hausfrauen«
4.4 Fehlende Sexualaufklärung in Marokko und anderen Maghreb-Ländern
4.5 Terrorist Anis Amri und sein Mordanschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin
4.6 Tunesiens Feministinnen für eine neue Verfassung – Sieg und Niederlage
4.7 Korruption und Militätputsch im Sudan – Armut und Exil in England (L. Aboulela)
4.8 Ägypten – der politisch erstickte »Arabische Frühling«
4.9 Polygamie – »Die ungeduldigen Frauen«, ein Roman aus Kamerun
4.10 Fazit: Ist der Islam integrierbar? Die Antwort von Navid Kermani
5. Geschichten von Flucht und Flüchtlingen
5.1 Zur Einführung: Zuhören, was Afrikaner*innen zu erzählen haben
5.2 Flucht aus dem Kongo nach Algerien, Marokko und Europa: Emmanuel Mbolela
5.3 Flucht aus Somalia – Waris Dirie und ihr Kampf gegen Beschneidung (FGM)
5.4 Flucht aus Ägypten – verfolgte Kopten, frustrierte Studenten (Hamed Samad u.a.)
5.5 Flucht aus Äthiopien – Emigrationsgeschichten von Asserate und Dibaba
5.6 Flucht aus dem revolutionären Sansibar – das europäische Exil als Befreiung (A. Gurnah)
5.7 Brain Drain – Flucht aus Sambia der Finanzexpertin Dambisa Moyo
5.8 Flucht aus Eritrea vor dem Militärdienst – ein Junge erzählt seine Geschichte
5.9 Flucht einer Studentin aus Senegal und Kulturschock in Europa: Ken Bugul
5.10 Flucht aus Marokko – die Geschichte einer Entpuppung (Najat El Hachmi)
5.11 Nigeria – wie ein Ölstaat zum Saatbeet für Gewalt, Betrug und Flüchtlinge wurde
5.12 Nigeria: Schulkinder, verschleppt nach Europa (der Fall Nubia)
5.13 Menschenhandel und Prostitution
5.14 Flucht aus Niger – Flucht eines Tänzers aus repressiven Familienverhältnissen
5.15 Gescheiterte Fluchten und Migrantengefängnisse in Libyen
6. Ankommen in Deutschland – Flüchtlinge erzählen
6.1 Kulturschock, gemeinsame Spielregeln, gemeinsame Geschichtskenntnisse
6.2 Fußballer aus Afrika machen in Deutschland Karriere: B. Jatta & G. Assamoah
6.3 Brain Gain und kulturelle Hybride: die Karriere der Senegalesin Mariame Sow
6.4 Vom Studenten aus Angola zum Impfzentrum-Mitarbeiter in Berlin-Tegel
6.5 »Ich rate niemandem, nach Deutschland zu kommen« (Genet Aragaw Peters)
6.6 Missglückte Integration – Rückkehr nach Afrika
6.7 Afropäische Identität: »Europa als Teil meines Erbes« (Johny Pitts)
7. Zum Thema »kulturelles Gepäck« von afrikanischen Flüchtlingen und Migrant*innen
7.1 Das jugendliche Alter von Flüchtlingen: Im Wartesaal des Lebens
7.2 »Kinder schlägt man nicht« – der Bedarf an Integrationsmanagement
7.3 Gemeinschaft zählt mehr als Individualität
7.4 Die ambivalente Rolle der Diaspora: schützen und abschirmen
7.5 Unterschiedliche Zeitbegriffe als potentielles Ärgernis
7.6 Der Not gehorchend: Einheiraten und Kinderzeugen als Integrationsstrategien
7.7 Der Habitus der Überlebenskunst: Biografien afrikanischer Jugendlicher in Hamburg
und der Wunsch nach Arbeit
7.8 Gewalt und Gewaltkriminalität bei Flüchtlingen und Migranten – Mythos und Realität
7.9 Gewalt in Familien als Thema afrikanischer Romane: Kinderelend und Vatermord
7.10 Grenzschutz – aber wie? Frontex
7.11 Fazit: Das Paradox eines humanen Grenzsschutzes
8. Deutschland als schwieriges Einwanderungsland – für Afrikaner*innen
8.1 Aspekte der »deutschen Kultur«: Identitätskerne und »Identitätskrisen«
8.2 »Deutschland ist für mich ein Flusspferd« – diverse Erfahrungen aus Namibia
8.3 Diverse »Afrikabilder« der Afrikaexperten von Afrikas kulturellen Besonderheiten
8.4 Gemeinsame Erfahrungen von Flüchtlingen und Migrant*innen
8.5 Bilanz: Zur Zukunft afrikanisch-deutscher Begegnungen: Platz schaffen und kulturelle Aneignungen fordern und fördern
9. Abkürzungen
10 Literatur
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Rainer Tetzlaff, Dr. phil., lehrte als Politologe und Afrika-Forscher an den Universitäten von Berlin (FU), Hamburg, Bremen, Eichstätt und nach seiner Emeritierung als Professor für internationale Politik in Hamburg noch sieben Jahre an der Jacobs University Bremen als Wisdom Professor of African and Development Studies. Er publizierte mehrere Lehrbücher und Buchbeiträge über die neuere Geschichte und die politische und wirtschaftliche Entwicklung postkolonialer afrikanischer Gesellschaften und Staaten. Forschungsaufenthalte führten ihn u. a. in den Sudan, nach Ghana, Tansania, Kenia, Kamerun, Südafrika, Namibia und Äthiopien. Ausgelöst durch die »Flüchtlingskrise« von 2015 widmete er sich während der vergangenen Jahre dem Thema der Flucht afrikanischer Menschen und ihrer Ankunft in Deutschland. |
(Theo Mutter, Peripherie)
»Die Studie Der afrikanische Blick kann als Handbuch und interkulturelles Werkzeug für alle friedliebenden Menschen verstanden werden – und als didaktische und unterhaltsame Vorlage für interkulturelle Gesprächskreise und schulische und universitäre Diskurse.«
(Jos Schnurer, Africa Positive)
»Die Begegnung mit dem Anderen, dem Fremden, dem Unbekannten, verändert den Menschen. Die Gedichtstrophe – ›Lass mich Ich sein, damit du Du sein kannst!‹ – verdeutlicht eindeutig, dass der Kontakt mit nach Deutschland eingewanderten Menschen, soll er menschenwürdig, empathisch und solidarisch gelingen, auf ›Augenhöhe‹, gleichberechtigt erfolgen muss.«
(Jos Schnurer, socialnet.de)
»Deshalb fordert der Autor dazu auf, zunächst mal den Einwanderern aus verschiedenen afrikanischen Ländern selbst zuzuhören. Dazu liefert er eine Menge Aussagen aus Gesprächen und Veröffentlichungen mit weiterführenden Literaturhinweisen. Die liefern zwar auch nur Einzelsichten, einen Blick auf einzelne Schicksale, aber sie sind authentischer und in der Summe objektiver als die Auswahl der meisten Afrika-Experten hierzulande. Die Einwanderer müssen sich natürlich anpassen, um hier leben zu können. Für den Autor ist es aber wichtiger, dass Deutschland sich an die Einwanderung anpasst. Das ist als Prozess nach seinen Beobachtungen im Gange, aber der Ausgang ist für ihn noch offen.«
(Reinhard Pohl, Gegenwind)
»Damit Integration von Geflüchteten aus Afrika gelingen kann, gilt es zunächst, deren Fluchtmotive und -hintergründe, ihr Denken und ihre Kultur nachvollziehen zu können. Dem Politikwissenschaftler und Afrikaforscher Tetzlaff gelingt es, anhand von Erzählungen von Betroffenen und Einsichten aus mehreren Perspektiven ein solches Verständnis zu wecken und damit oft noch zu wenig beachtete Aspekte für den interkulturellen Dialog zu präsentieren.«
(Stefan Teplan, neue caritas)
»Die Zahl der Migranten aus Afrika wird in Deutschland und Europa weiter steigen, aber nicht in dem Ausmaß, das manche Rechtspopulisten vorhersagen. Inwieweit Flucht und Erwerbsmigration aus Afrika zunehmen, hängt von vielen Faktoren ab, so etwa von der wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort, der Sicherheitslage, den Folgen des Klimawandels, dem Umgang mit dem Bevölkerungswachstum und natürlich auch von der Asyl- und Migrationspolitik der potenziellen Aufnahmeländer. Der Politikwissenschaftler Rainer Tetzlaff mahnt, zuerst einmal zuzuhören, was die Afrikaner*innen über die Gründe ihrer Flucht und über das Ankommen in Deutschland zu sagen haben. Wenn Integration gelingen soll, dann müssten sich beide, Migranten und die Aufnahmegesellschaft, anpassen.«
(Ulrich Post, Welternährung)