Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie
Zeitschrift für Psychoanalyse und Tiefenpsychologie
Verarbeitung von Traumatisierung
E-Journal (pdf) – Heft 189, 52. Jg., 1/2021
Inhalt
Vorwort
Beitrag 1
Arne Burchartz
Trauma als Prozess
Beitrag 2
Friederike Gurschler
Wenn Leben mit einer vorzeitigen Trennung beginnt – das frühgeborene Kind
Beitrag 3
Markus Wilken
Traumatisierungen von Früh- und Risikogeburten
Dissoziation, Affektregulation und affektive Reanimation
Beitrag 4
Inge Seiffge-Krenke / Melissa Posselt
Welchen Einfluss haben Therapieform und Qualität der Elternarbeit auf die Reduktion von Symptomen in psychodynamischen Therapien von Kindern und Jugendlichen?
Forum
Fernanda Pedrina / Daniel Bindernagel
Positionspapier der GAIMH »Psychische Störungen im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter«
Buchbesprechungen
Die Autorinnen und Autoren des Heftes
Ankündigungen
Arne Burchartz
Das Trauma als Prozess
Der Artikel stellt ausgehend von psychoanalytischen Traumakonzepten Traumatisierungen als dreistufigen psychodynamischen Prozess dar. Um das Trauma zu verstehen und zu behandeln, müssen Traumafolgestörungen als Teil des traumatischen Prozesses konzeptualisiert werden. Neben zwei Beispielen für Formen der Traumatisierung (kumulatives Trauma, sequenzielles Trauma) enthält er auch einen Ausblick auf die Historisierung des Traumas als ein wesentliches Element der Therapie.
Schlüsselwörter: Psychische Störungen, Psychodynamik, Trauma, Traumatherapie.
Friederike Gurschler
Wenn Leben mit einer vorzeitigen Trennung beginnt – das frühgeborene Kind
In diesem Beitrag widmet sich die Autorin dem frühgeborenen Kind. Dabei versucht sie, der äußeren und inneren Welt des frühgeborenen Kindes und seiner Eltern nachzuspüren. Sie richtet dabei ihren Blick zuerst auf die äußeren Umstände, in die das Baby hineinwächst, und auf pränatale Aspekte der Schwangerschaft und Geburt. Dann versucht sie, sich der inneren Welt des frühgeborenen Kindes durch psychoanalytische Babybeobachtungen von zwei extrem frühgeborenen Kindern zu nähern. In diesem Zusammenhang befasst sie sich mit den Auswirkungen der immer früher werdenden Trennung zwischen Mutter und Kind auf die Psyche und den durch die Hightechmedizin bedingten Auswirkungen bzw. Folgen auf das Kind und deren Eltern. Auch wird der Frage nachgegangen, was für das frühgeborene Kind und seine Eltern hilfreich sein kann. Ein Fallbeispiel aus einer modifizierten psychoanalytischen Behandlung eines ehemaligen extrem frühgeborenen Mädchens, das zu Behandlungsbeginn 9,9 Jahre alt war, soll exemplarisch das bisher Erwähnte illustrieren.
Schlüsselwörter: Frühgeburt, frühkindliche Erfahrungen, Containment, Spiegelung, Mentalisierung.
Markus Wilken
Traumatisierung von Früh- und Risikogeborenen
Dissoziation, Affektregulation und affektive Reanimation
Pro Jahr kommen 60.000 Säuglinge als Früh- oder Risikogeborene zur Welt. Während in den letzten 20 Jahren eine verbesserte körperliche Entwicklung berichtet wurde, ist die Lebensqualität bis in das Erwachsenenalter durch internalisierende Störungen kompromittiert. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Psychopathologie und Stress während der medizinischen Behandlung. Dennoch wurde das Thema frühkindlicher Traumatisierung im Zusammenhang mit Schmerz und Nahtoderfahrungen selten diskutiert. Bekanntlich ist die früheste Abwehr des Säuglings die Dissoziation der traumatischen Erfahrung. Der darauf folgende soziale Rückzug wird als ruhiges Temperament fehlgedeutet. Wenn Säuglinge in einem Zustand der Dissoziation verbleiben, sind die geistige Entwicklung und die Bindung in Gefahr. In dieser Arbeit wird ein Behandlungsprogramm für frühtraumatisierte Säuglinge zur affektiven Reanimation vorgestellt und anhand eines Fallbeispiels verdeutlicht.
Schlüsselwörter: Frühgeburt, Traumatisierung, Bindung, affektive Reanimation, Eltern-Kind-Psychotherapie, Säuglings-Kleinkind-Eltern-Psychotherapie.
Inge Seiffge-Krenke / Melissa Posselt
Welchen Einfluss haben Therapieform und Qualität der Elternarbeit auf die Reduktion von Symptomen in psychodynamischen Psychotherapien von Kindern und Jugendlichen?
In psychoanalytischen und tiefenpsychologisch fundierten Langzeittherapien bei 303 Kindern und Jugendlichen wurde die Effizienz der Behandlung im Sinne einer Reduktion der körperlichen und psychischen Symptombelastung, der kommunikativen Beeinträchtigungen (im familiären und schulischen Kontext) aus der Sicht ihrer Eltern sowie der behandelnden Therapeuten (N = 55) über drei Messzeitpunkte bei einer Therapiedauer von durchschnittlich 85.9 Stunden untersucht. Die Effektstärke war aus der Sicht der Eltern (Gesamt η2 = .64) noch größer als aus Sicht der Therapeuten (η2 = .38). Psychoanalytische Behandlungen wiesen schon nach zwei Messzeitpunkten, d. h. vor dem Verlängerungsantrag, einen starken Effekt auf. Aus der Sicht der Therapeuten hatte die Qualität der Elternarbeit einen Einfluss auf die Behandlungseffizienz.
Schlüsselwörter: Langzeittherapie, Perspektive von Eltern und Therapeuten, Psychotherapieereignisse, Elternarbeit, Erfahrungsniveau des Therapeuten.