Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie
Fachzeitschrift für Psychoanalyse und Tiefenpsychologie
Transgender I
E-Journal (pdf) – Heft 201, 55. Jg., 1/2024
Inhalt
Vorwort
Frank Dammasch
Gedanken zu Sex, Gender, Trans und Psychoanalyse
Beitrag 1
Alessandra Lemma
Transgeschlechtlichkeit verstehen – Kontroversen und Herausforderungen
Beitrag 2
Nima Mazaheri Omrani
Trans Geschlechtsidentitäten in der psychoanalytischen Praxis
Beitrag 3
Udo Rauchfleisch
Transgender und Nichtbinarität in Kindheit und Jugend – neue Phänomene?
Werkstattbericht
Heribert Kellnhofer und Frank Dammasch
Geschlechterambiguitäten und Körperdysphorien in Gruppentherapien mit Jugendlichen – Ein Gespräch
Horst Petri
Offener Brief
Buchbesprechungen
Die Autorinnen und Autoren des Heftes
Ankündigungen
Nima Mazaheri Omrani
Trans Geschlechtsidentitäten in der psychoanalytischen Praxis
Mit dem Thema trans Geschlechtsidentitäten betreten wir mit hoher Spannung geladenes Terrain. Kontroverse Debatten sowohl in Medien als auch in professionellen Kreisen werfen immer wieder verwirrende Fragen auf und bieten vermeintlich eindeutige Antworten an. In diesem Aufsatz trage ich Haltungen von psychoanalytischen Expert*innen zusammen und beschreibe, wie sie mir in der Arbeit mit trans Personen ermöglichen, Denkräume zu öffnen. Dabei halte ich es für zentral, die mitunter stürmischen Reaktionen, die das Thema Trans in uns selbst auslösen kann, zuzulassen und kritisch zu reflektieren. Das bedeutet, eigene pathologisierende und übermäßig affirmative Tendenzen wahrzunehmen und das Aufwühlen der klinischen und persönlichen Vorstellung von sexuellen Identitäten zuzulassen. Dabei spielt die Fähigkeit zur Ambiguitätstoleranz eine zentrale Rolle sowie die Bereitschaft, Nicht-Wissen auszuhalten.
Schlüsselwörter: Transgender, Geschlechtsdysphorie, sexuelle Identitäten, Transsexualität, Geschlechtsangleichung.
Udo Rauchfleisch
Transgender und Nichtbinarität in Kindheit und Jugend – neue Phänomene?
Im fachlichen und öffentlichen Diskurs richtet sich heftige Kritik gegen Transgender im Kindes- und Jugendalter und das Konzept der Nichtbinarität. Aufgrund seiner über 50-jährigen Erfahrung zeigt der Autor, dass es bereits in den 1970er Jahren Transgender im Kindes- und Jugendalter gab. Das gleiche gilt für die Nichtbinarität, die in Ermangelung eines Konzepts damals durch Formulierungen wie »Ich bin Frau und Mann« umschrieben worden ist. Ein besonders umstrittenes Thema ist die Pubertätsblockade (sie habe negative psychische und körperliche Folgen). Dem stehen positive Erfahrungen gegenüber, zumal Nicht-Handeln ebenso negative Folgen haben kann wie das Handeln. Den Hauptgrund für die Kritik an der Nichtbinarität sieht der Autor in der stark binären Prägung unserer Kultur und in der Angst vor der Aufweichung der traditionellen Geschlechterrollen.
Schlüsselwörter: Jugend, Nichtbinarität, Pubertätsblockade, Transgender, Transidentität.