Tillmann F. Kreuzer
Zur Geschichte der Psychoanalytischen
Pädagogik und Kinderanalyse
In diesem Beitrag wird die historische Einordnung der Psychoanalytischen Pädagogik in ihrer Entstehung in Verbindung mit der Entstehung der Kinderanalyse betrachtet. Eingangs werden die historischen Gruppierungen dargestellt und die Anfänge der Psychoanalytischen Pädagogik wie der Kinderanalyse aufgezeigt. Im Anschluss wird die Position Sigmund Freuds zur Erziehung umrissen, bevor ausgewählte Vertreter*innen der ersten und zweiten Generation vorgestellt werden. Ein kurzer Blick auf die Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik beschließt den Beitrag.
Schlüsselwörter: Kinderanalyse, Psychoanalytische Pädagogik, Erziehung, historische Erziehungswissenschaft.
Bernd Ahrbeck & Marion Felder
Transsexualität und Transgender
Fakten und Meinungen
Zu den historischen Errungenschaften gehört es, dass transsexuelle Menschen ihr Anliegen, juristisch abgesichert, freier denn je vortragen können. Eine problematische Situation ist inzwischen dadurch entstanden, dass immer mehr Kinder und Jugendliche über das Gefühl berichten, im falschen Körper zu stecken. Transitionswünsche verzeichnen riesige Steigerungsraten, wobei sich die Population erheblich verändert hat. Zugleich wird versucht, eine hochkomplexe psychologische, medizinische und soziale Thematik in den Hintergrund zu drängen, zugunsten einer kindlichen »Selbstbestimmung«, die als vorrangig gilt. Der Beitrag benennt Fakten und Irrtümer der aktuellen Debatte. Er setzt sich mit psychotherapeutischen und pädagogischen Fragestellungen auseinander und warnt davor, sich leichtfertig auf einen transaffirmativen Weg zu begeben.
Schlüsselwörter: Transsexualität, Genderdysphorie, Binarität der Geschlechter, Sexualerziehung, Transgender.
Bernd Traxl
Teilhabe und Entwicklung durch gemeinsames Spiel – eine psychodynamische Perspektive zur Inklusion in der Frühpädagogik
Der vorliegende Beitrag untersucht die Rolle des Spiels für inklusive Prozesse in der Frühpädagogik. Dabei wird, ausgehend von vier empirisch begründeten Grundannahmen, eine psychodynamische Perspektive eingenommen um die Bedeutung des Spiels, Entwicklungsvoraussetzungen, strukturelle und inhaltliche Aspekte sowie diagnostische Ansätze zu erläutern. Die Vorstellung eines Präventionsprogramms zeigt eine Möglichkeit auf, dem wiederholten und langfristigen Ausschluss von Kindern entgegenzuwirken. Hierbei können individuumszentrierte oder gruppenbasierte Interventionen im frühpädagogischen Kontext greifen, wenn sie Teil einer psychodynamischen Reflexion sind, die nicht nur einseitig die Förderung inklusiver Momente im Blick hat, sondern ebenso die Begleitung und Verarbeitung von Exklusionserfahrungen berücksichtigt.
Schlüsselwörter: Teilhabe, Inklusion, Frühpädagogik, Psychoanalytische Pädagogik.
Beitrag zur Wissenschaftstheorie
Inge-Martine Pretorius
Anna Freuds Unterscheidung zwischen entwicklungs- und konfliktbasierter Psychopathologie und ihre Implikationen für therapeutische Techniken in der Kinderanalyse
Anna Freuds Entwicklungsverständnis beruhte auf der Annahme, dass die Psyche des Kindes im Vergleich zur erwachsenen Psyche unreif sei. Infolgedessen postulierte sie, dass in der Kinderanalyse andere Techniken zur Anwendung kommen müssten, auch wenn Prinzipien und Ziele der psychoanalytischen Behandlung von Erwachsenen und Kindern identisch seien. Sie unterschied daher zwischen einer Entwicklungspsychopathologie und einer konfliktbasierten Pathologie (oder infantilen Neurose). Die Behandlung dieser beiden Pathologien setzt je unterschiedliche therapeutische Techniken voraus. Anna Freud nahm an, dass die »reine Analyse« (klassische psychoanalytische Techniken) im Fall der Kindheitsneurose hilfreich sei, während die »Kinderanalyse«, später als »Entwicklungshilfe« oder »Entwicklungstherapie« bezeichnet, Kindern mit einer Entwicklungspsychopathologie helfen könne. Dieser Artikel legt Anna Freuds Denken dar und erläutert die Techniken der »Entwicklungstherapie«. Auszüge aus der Psychoanalyse eines elfjährigen Jungen illustrieren die mutative Wirkung der Entwicklungstherapie.
Schlüsselwörter: Anna Freud, Entwicklungspsychopathologie, konfliktbasierte Psychopathologie.
Hans von Lüpke und Manfred Gerspach
Übereinstimmende Symptome:
ASS und ADHS zwischen Komorbidität und gemeinsamer Bedeutung?
Der vorliegende Text soll einen Beitrag zur Debatte um ein besseres Verständnis von Verhaltensauffälligkeiten wie ADHS und ASS liefern. In der aktuellen Diskussion werden beide häufig rein formal als komorbid klassifiziert, gestützt auf neurobiologische Methodik. Dabei werden die Bedeutung von Umweltfaktoren und im Besonderen die von Kommunikation für neurobiologische und psychodynamische Prozesse vernachlässigt. Der Stellenwert dieser Zusammenhänge ist inzwischen bereits im Kontext vorgeburtlicher und transgenerationaler Traumatisierungen gut belegt. Coping Strategien und verleugnete Ängste bei Eltern wie auch die Professionellen sind wichtige Faktoren für das Risiko einer Entwicklung sowohl von ADHS wie auch von ASS. Diese gemeinsamen Faktoren werden durch die tiefenhermeneutische Analyse von Fallbeispielen demonstriert. Eine besondere Rolle kommt dabei der Mentalisierung zu. Sie bildet eine wichtige Basis zum besseren Verständnis der zugrunde liegenden gemeinsamen Dynamik für die Ausbildung von Studenten, die Arbeit mit Eltern und die Psychotherapie betroffener Kinder. Damit könnte eine rein formal technische Orientierung am Aspekt der Komorbidität überwunden werden.
Schlüsselwörter: ASS, ADHS, Nutzungsabhängigkeit des Gehirns, Störung als Beziehungsmoment, konstruktiver Umgang mit den Phänomenen ASS und ADHS.