Christiane Lutz
Von der sehnsüchtigen Suche nach Sinn
Eine tiefenpsychologische Annäherung an Die Unendliche Geschichte
1. Auflage 2021
168 S., Paperback Großoktav (23,5 x 15,5 cm)
ISBN 978-3-95558-297-5
Christiane Lutz interpretiert Die unendliche Geschichte von Michael Ende als Entwicklungsweg eines Individuums. Basis ist das Symbolverständnis und die Archetypenlehre der Analy tischen Psychologie C. G. Jungs. Diese Herangehensweise erweist sich als erkenntnisbringend, da Michael Ende ganz bewusst archetypische Gestalten und Situationen, Wunschvorstellungen und bittere Realitäten beschrieben hat, die Urerfahrungen des Menschen widerspiegeln. Eben darum, weil er Fragen zur menschlichen Natur stellt, die das kollektive Unbewusste ansprechen, regt der Roman auch heute noch dazu an, sich auf die Suche nach Erkenntnis zu begeben. Mittels Deutung der reichen Symbolik der Geschichte geht Lutz der Sinnfrage des Lebens unter individuellem wie auch kollektivem Blickwinkel nach.
Das Buch wendet sich an alle, denen die verantwortliche Begleitung von Kindern und Jugendlichen ein in die Zukunft weisendes Anliegen ist. Darüber hinaus richtet sich der Blick auf die Fragen unserer Zeit, die herausfordern, neue Lösungsansätze zu wagen.
2. Die Realität – ein zehnjähriges, unansehnliches, einsames, unglückliches Kind wird zum Leser der »unendlichen Geschichte«
2.1 Phantásien in Not – Realität und Phantásien, zwei Welten beginnen, sich zu berühren
2.2 Atréjus Berufung – archetypische Symbole erhellen im Dunkel den Sinn
3. Das Symbol der Leere, das Geheimnis des Nichts
3.1 Bastian und Atréju, zwei Kinder, die zur Bewältigung einer Katastrophe ausersehen sind
3.2 Der Archetyp des »göttlichen Kindes« – ein Zugang zum eigenen Selbst
4. Die Sümpfe der Traurigkeit und der Sog der Depression
4.1 Depression als Gefährdung eines progressiven Lebensbezuges –Verlusterfahrungen können in einem »Dennoch« befähigen, sich auf ein tatkräftiges Leben einzulassen
4.2 Die pessimistische Lebenseinstellung, ein »Jammern auf hohem Niveau«
5. Die uralte Morla, Repräsentantin zeitloser Dauer
5.1 Vorwärtsdrängen in Aktivität braucht den Gegenpol der Ruhe
5.2 Das Wissen um das Auf und Ab des Lebens in ständiger Wiederholung
6. Ygramul, die Viele und der destruktive Pol des Mutterarchetyps
6.1 Du lebst, um zu sterben – Ausdruck von Hoffnungslosigkeit?
6.2 Das Wesen des undifferenzierten Animus, die Folgen in der Erziehung und das Gegengewicht in Gestalt des Glücksdrachens
7. Die Zweisiedler, eine personale Beziehungsproblematik
7.1 Natur und Geist – ein scheinbarer Gegensatz?
7.2 Paarbeziehungen – Rivalität oder Ergänzung?
8. Die drei magischen Tore, der Weg ins Unbewusste
8.1 Das große Rätseltor und seine zwei übermächtigen Sphingen
8.2 Das Spiegeltor, der Spiegel im Spiegel
8.3 Das Ohne-Schlüssel-Tor und die Leichtigkeit des Seins
9. Uyulála, die Stimme der Stille – die Fähigkeit, in der Stille Wichtiges zu vernehmen
9.1 Die heilenden Kräfte des Zuhörens in Musik und Poesie
9.2 Die Notwendigkeit, Kinder in künstlerischen Fächern zu fördern
10. Im Gelichterland – die Macht der destruktiven Winde. Die Lösung, durch ein Menschenkind einen neuen Namen für
die Kindliche Kaiserin zu finden, ebnet den Weg zum Ziel57
10.1 Von der narzisstischen Gefährdung, wenn der Schatten nicht ausreichend integriert ist
10.2 Das wilde Spiel der Winde als Wandlungsmotiv
11. Die Spukstadt – der Absturz in Schutzlosigkeit und Verlassenheit
11.1 Die Konfrontation mit dem tiefsten Schatten als Todesnähe und Erkenntniszuwachs
11.2 In Leid und Schmerz gibt es die »Pflicht zur Zuversicht« (Kant)
12. Der Flug zum Elfenbeinturm – kindliche Weisheit wandelt scheinbare Sinnlosigkeit in Sinn
12.1 Persönliches Betroffensein ermöglicht Reifung
12.2 Wir und die Corona-Krise
13. Der Alte vom Wandernden Berge – von der Gnade der Wiederholung
13.1 Der alte Weise und die emotionale Bedeutung des persönlichen Namens
13.2 Die Weisheit des Alters ist Gelassenheit und Liebe
14. Pelerin, der Nachtwald, der Keim eines neuen Schöpfungsprozesses – Bastians Wunsch nach innerem Wachstum
14.1 Die Regression in die positive Symbiose – von der Kraft des Urvertrauens
14.2 Wunsch und Wunscherfüllung verheißen nicht selbstverständlich Zufriedenheit und Glück
15. Goab, die Wüste der Farben – der Reichtum von der Natur im Werden und Vergehen – Bastians Wunsch stark zu sein
15.1 Vegetativer Reichtum braucht den Gegensatz der Kargheit und Dürre
15.2 Der Wunsch nach Mut und Stärke – die Weisheit der platonischen Tugenden
16. Graógramán, der Bunte Tod – Flüchten oder Standhalten im Angesicht von Gefahr
16.1 Der Mut, zu den eigenen Löwenqualitäten zu stehen, erlaubt Beziehungsfähigkeit
16.2 Erst die eigenen Erfahrungen in der Konfrontation mit dem Unbewussten ebnen den Weg zum Ich-Selbst
17. Der Tausend-Türen-Tempel und die Aufgabe, Entscheidungen zu treffen
17.1 Die Entscheidung für eine Handlungsweise bedeutet immer den Verzicht auf andere Möglichkeiten
17.2 Ohne Entscheidung ist der Weg in die Autonomie und damit Progression blockiert
18. Der Weg nach Amargánth – aus Einsamkeit entwickelt sich Gemeinsamkeit, aus Anonymität persönliche Begegnung
18.1 Silber, Symbol und Herausforderung zu geistiger Klarheit
18.2 Die notwendige Unterscheidung zwischen menschlicher Realität und phantastischen Höhenflügen
19. Amargánth, die leibhaftige Begegnung von Bewusstsein und Unbewusstem unter dem Schirm von Weisheit und Glück
19.1 Zwischen Freundschaft und Rivalität läuft ein schmaler Grat – nur ein waches Ich kann ein inneres und äußeres Gleichgewicht halten
19.2 Leid, Schmerz und frühe Entbehrungen dürfen nicht verleugnet werden, sonst stagniert der innere Reifungsprozess
20. Ein Drache für Held Hynreck – echte Heldenhaftigkeit drückt sich nicht in Sieg oder Niederlage aus
20.1 Die Herausforderung, sich in höchste Lebensgefahr zu begeben, um den Schatz der Beziehungsfähigkeit
zu erringen
20.2 Das Geheimnis einer partnerschaftlichen Beziehung jenseits von Projektion und Anspruch
21. Die Acharai – Wert und Unwert, Pole, die sich berühren
21.1 Leid, Scham und Schmerz übergangslos in Heiterkeit, Lust und Lachen zu verwandeln heißt, das Gesetz der langsamen Wandlung zu missachten
21.2 Mitleid ist nicht Mitgefühl – positive Veränderung vollzieht sich nicht über Machtausübung, sondern erwächst aus Demut
22. Die Weggenossen – die Bereitschaft, sich als Ich zum Wir zu sehnen
22.1 Die Vielschichtigkeit des Unbewussten und die Notwendigkeit, sich auch im Glanz des Ruhmes zu bescheiden
22.2 Kritiklose Identifikation mit einem Idol macht abhängig
23. Die sehende Hand – das Zauberschloss Hórok – schöne Täuschung und Gewalt erfordern verantwortungsvolles Handeln
23.1 Doppelbödigkeit und Schein statt Sein erschweren eine kritische Unterscheidung
23.2 Die Gefahr, von archetypischen Bildern überwältigt zu werden
24. Die Zauberin Xaide – die archaische Welt der »Großen Mutter« – Maß und Maßlosigkeit
24.1 Dienende Unterwerfung züchtet im Gegenüber Hybris
24.2 Mutter Natur lässt sich nicht ungestraft knechten
25. Das Sternenkloster Gigam – tiefsinniges Reflektieren führt nicht selbstverständlich zur Wahrheit
25.1 Die Symbolik von Eule, Adler und Fuchs und die Verwechslung von rationalem Wissen und emotionaler Weisheit
25.2 Wissen verspricht Macht, Weisheit vermittelt Erkenntnis
26. Die Schlacht um den Elfenbeinturm – eskalierende Ambivalenz bedeutet Zerstörung und Verlust
26.1 Egomanie heißt, den Zugang zu seinen Gefühlen verloren zu haben
26.2 Ausfüllen oder Erfüllen, Haben oder Sein? Gegensätze, deren Klärung eines reifen Ichs bedürfen
27. Kaiser von Phantásien, der wahre Wunsch? Äußerer Glanz wird zur Kälte, fehlende Wärme zur Vernichtung
27.1 Depression als Verdunkelung des Gemüts legitimiert absurden Zwang
27.2 Scheinbare Macht enthüllt menschliche Ohnmacht
28. Die alte Kaiserstadt – die unreflektierte Anmaßung verliert die Sinnhaftigkeit und kann in der Psychose enden
28.1 Die Erkenntnis der Wahrheit kann Verzweiflung auslösen
28.2 Wunscherfüllung garantiert keine gelingende Selbstfindung
29. Die Korbstadt – die Sehnsucht nach naturnaher Gruppenzugehörigkeit
29.1 Der Gemeinsinn einer Gruppe vermittelt Halt und Geborgenheit
29.2 Gemeinschaft verdeckt das Leiden an Einsamkeit, kann jedoch eine wertschätzende Ichidentität verhindern
30. Die Dame Aiola – die Regression zum guten, spendenden Mutterarchetyp
30.1 Geliebtwerden ist eine existenziell wichtige Erfahrung – daraus erwächst das höhere Gut der Liebesfähigkeit
30.2 Passiv konsumierte Versorgung erschwert autonome Lebensgestaltung
31. Das Bergwerk der Bilder – das Lauschen auf die Bildersprache der Träume
31.1 Die Suche nach dem wahren Wunsch in der Tiefe des Unbewussten – der Traum, lieben zu können
31.2 Liebe ist nicht nur ein Wort oder eine Haltung, sondern tatkräftiger Einsatz
32. Die Wasser des Lebens – Fehler und Fehlverhalten können nicht rückgängig gemacht, aber verziehen werden
32.1 Selbstlose Liebe weicht Fronten auf und erlöst von Egozentrik
32.2 Sich in Liebe zu verschenken, beschert Freude und Freunde
33. Die Rückkehr – die bewusste Erfahrung der eigenen Person: Ich bin Ich
33.1 Die harmonische Verbindung von Emotion und Handlung in Selbstverantwortung
33.2 Die heilende Kraft archetypischer Geschichten
34. Schlussbemerkung
Literatur
Danksagung
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Christiane Lutz studierte Heilpädagogik in Zürich bei Jakob Lutz und bei Paul Moor. Im Anschluss arbeitete sie zwei Jahre lang mit geistig Behinderten in der Schweiz. Es folgte ein Studium der analytischen Psychologie an der Akademie für Tiefenpsychologie in Stuttgart. Parallel dazu leitete sie die Psychologische Beratungsstelle in Ludwigsburg. Seitdem arbeitet sie als selbstständige Kinder- und Jugendpsychotherapeutin sowie als Paar- und Familientherapeutin in eigener Praxis in Stuttgart. Seit 1971 ist sie Dozentin am C. G. Jung-Institut in Stuttgart und an der Akademie für Tiefenpsychologie in Stuttgart. Kolleginnen und Kollegen steht sie seit vielen Jahren als Kontrollanalytikerin zur Verfügung. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht zu den Themen Einzel- und Gruppentherapie bei Kindern und Jugendlichen, tiefenpsychologische Interpretationen zu Märchen und Mythen sowie Beiträge für Fachzeitschriften. Sie übt eine rege Vortragstätigkeit aus und ist Mitarbeiterin bei Rundfunk und Fernsehen. |
(Friedrich Schröder, Jung-Journal)
»Die Heilpädagogin und Dozentin Christiane Lutz ist in ihrer vorbildlichen Untersuchung Von der sehnsüchtigen Suche nach Sinn eine tiefenpsychologische wie narrative Annäherung an Die Unendliche Geschichte gelungen. Darüber hinaus nutzt sie auf überzeugende Weise dieses Narrativ ›zur Entwicklung eines Individuums‹ dazu, ihr Augenmerk auf die verantwortlichen Begleiter von Adoleszenten zu richten und verknüpft mit Umsicht die aktuellen Fragen unserer Zeit, um neue Lösungsansätze zu wagen, wie Lutz selbst abschließend kompetent feststellt.«
(Marga und Walter Prankl, kultur-punkt.ch)
